Die Grundschule ist eine Schulform für alle Kinder, unabhängig ihres Leistungsvermögens. Wir möchten diesen Kindern mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten ein Lernangebot bieten, das sie weder über vier Jahre hinweg überfordert noch unterfordert.
Wir haben uns gemeinsam mit den Eltern für eine Unterrichtsorganisation entschieden, die besonders geeignet ist, die Kinder nach ihrem jeweiligen Lernvermögen und Lerntempo zu fördern und sie zum selbstständigen Lernen anzuleiten.
In unserer Schule wird das jahrgangsübergreifende Lernen ab dem Schuljahr 2010/11 mit allen Klassen umgesetzt. Das bedeutet:
Kinder aus dem 1., 2., 3. und 4. Schuljahr lernen gemeinsam in einer Klasse.
Was spricht nun für das jahrgangsübergreifende Lernen?
- Übergang Kindergarten – Grundschule: Kinder bringen bereits vielfältige Erfahrungen mit altersgemischten Gruppen aus dem Kindergarten mit. In den Kindertagesstätten sind Gruppen mit drei- bis fünfjährigen und auch unter dreijährigen Kindern eine Selbstverständlichkeit. Die Vorteile dieser Jahrgangsmischung werden von allen Beteiligten anerkannt. Mit unserem jahrgangsübergreifenden Modell führen wir die Strukturen aus dem Kindergarten fort und sorgen auf diese Weise für einen behutsamen und fließenden Übergang vom Kindergarten in die Schule.
- Gewachsene Lerngruppe: Der Schulneuling findet eine gewachsene Lerngruppe vor. Er kommt mit ungefähr fünf anderen Schulneulingen in ein Klasse mit ca. 25 Kindern. Die älteren Schülerinnen und Schüler kennen bereits die Lernformen, die Lernmittel und Regeln und Rituale. Die „Großen“ freuen sich, den „Kleinen“ alles zu zeigen. Die Schulneulinge schauen sich vieles bei den Großen ab. Eine Klassengemeinschaft ist bereits vorhanden, in der die Schulneulinge willkommen aufgenommen werden.
- Emotionale und soziale Fähigkeiten: Die Schülerinnen und Schüler können durch das Lernen und Leben mit jüngeren und älteren Kindern ihre sozialen und emotionalen Fähigkeiten weiter ausbauen. Diese gemischten Altersstrukturen finden viele Kinder heute in ihrer Familie nicht mehr vor.
- Differenziertes Lernen: Das Lernangebot vergrößert sich qualitativ, das einzelne Kind hat eine größere Auswahl an anspruchsvollen Aufgaben. Zum Beispiel kann ein leistungsstarkes Kind aus dem 1. Schuljahr im Lernbereich Deutsch bereits Leseaufgaben bearbeiten.
- Individuelles Lernen: Das erweiterte Lernangebot ermöglicht den Kindern, entsprechend ihres Lernstandes und ihres Lerntempos zu arbeiten. Zum Beispiel kann ein Kind, das mehr Zeit zum Lernen benötigt, länger im Zahlenraum bis 20 verweilen. Beim Übergang in Klasse 2 muss es sich nicht automatisch mit den Zahlen bis 100 auseinandersetzen, obwohl das Fundament noch gar nicht gefestigt ist.
- Einführung von Lerninhalten in Kleingruppen oder mit einer Schüler/in: In Kleingruppen oder auch mit einem Kind führt die Lehrkraft neue Lerninhalte oder Lernmittel ein. Hierdurch kann die Lehrkraft schneller auf Lernschwierigkeiten eingehen, besser die Lernwege des einzelnen Kindes verstehen und eine engere Beziehung zum einzelnen Schüler entwickeln.
- Kooperatives Lernen: Die Kinder unterstützen sich gegenseitig beim Lernen. Zum Beispiel erklärt ein Experte aus dem 3. Schuljahr einem Kind aus dem 1. Schuljahr ein Lernmittel. Das Helferprinzip kommt zum Tragen: Das Kind ist im Laufe der Grundschulzeit sowohl in der Rolle des Helfenden als auch in der Rolle des Hilfe Annehmenden. Die Kinder vertiefen beim Erklären eines Lernmittels ihre Fachkenntnisse und entwickeln ihre Kooperationsfähigkeit.
- Lernerfahrungen - Leistungsbewertung: Starre Strukturen werden aufgelöst: Die für Kinder so fatale Festschreibung guter Schüler – schlechter Schüler über die gesamte Grundschulzeit entfällt. Dadurch dass vier Jahrgänge zusammen lernen, erfährt das einzelne Kind zum Beispiel zu Beginn der Schulzeit, dass es noch nicht so viel kann. Spätestens im zweiten Schulbesuchsjahr macht auch ein leistungsschwaches Kind die Erfahrung, dass es mehr kann als z.B. der Schulneuling. Es kann bereits als Experte eingesetzt werden und dem Schulneuling helfen. Hierdurch macht es positive Lernerfahrungen, die wertvoll für sein Selbstbewusstsein und die Erhaltung seiner Lernfreude sind. Der Lernfortschritt des einzelnen Kindes wird in das Zentrum des Lernprozesses gestellt und nicht der Vergleich der Leistungen untereinander.